Medizinforschung

Bahnbrechendes aus der Forschung

Von Mark Krüger · 2023

Ohne Innovationen in der Medizin wäre ein langes Leben undenkbar. Forschung ist das A und O – um Krankheiten besser zu verstehen, sie früher zu erkennen und besser therapieren zu können.

Forscherin arbeitet in einem Labor
Forschende sorgen weltweit dafür, dass aus Fortschritt Gesundheit für uns Menschen wird. Foto: iStock / gorodenkoff

Wie erleichtern neue Analysetechniken die Krebsdiagnose? Haben Nahrungsergänzungsmittel einen Einfluss auf unser biologisches Alter? Wie kann sich mithilfe modernster Mikroskoptechnik das Verständnis von Krankheiten verbessern? Und worauf sollten Schwangere besonders stark achten, um das Herz ihres Nachwuchses zu schützen? Forschende haben interessante Antworten auf diese Fragen gefunden.

MEdizinforschung: Neues Indiz für Brustkrebs?

Was hat ein Tatort mit Brustkrebs zu tun? Auf den ersten Blick rein gar nichts, auf den zweiten jedoch etwas Bahnbrechendes. Denn einem britischen Forscherteam rund um Simona Francese von der Sheffield Hallam University ist es gelungen, Brustkrebs anhand des Fingerabdrucks zu erkennen. Die Professorin für forensische und bioanalytische Massenspektrometrie hat zeitweise eng mit der Polizei zusammengearbeitet. Fingerabdrücke sind eines ihrer Spezialgebiete. „Bei der Suche nach Molekülen, die uns das Geschlecht einer Person verraten, sind wir auf einige Moleküle gestoßen. Wir fanden kleine Proteine und Peptide, die auch als potenzielle Biomarker für Brustkrebs infrage kommen“, erklärte sie gegenüber der britischen Tageszeitung „The Times“. Der Fingerabdrucktest, der an 15 Frauen mittels Schweißanalyse durchgeführt worden ist, führte zu einer 98-prozentigen Genauigkeit bezüglich der jeweiligen Diagnosen, heißt es in der Studie, die Anfang Februar in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ erschienen ist. Diese schmerzlose, schnelle und strahlenlose Methode könnte somit in Zukunft eine Alternative zu der klassischen Mammografie und Biopsie darstellen – vorausgesetzt, die vielversprechenden Resultate können in Folgestudien, eventuell auch bei anderen Krebsarten, bestätigt werden. 

Alterungsprozess verlangsamen? 

Alle Zellen im menschlichen Körper haben ein Verfallsdatum. Das ist korrekt. Doch wenn es nach den neuen Erkenntnissen einer Gruppe schwedischer und norwegischer Forschender geht, kann an dieser biologischen Regel gerüttelt und somit der Alterungsprozess beim Menschen verlangsamt werden. Die in der Fachzeitschrift „Nutrients“ erschienene KiSel-10-Studie basiert auf den Prüfpräparaten Seleno-Precise und BioQinonGold. Sie untersuchte den Einfluss einer Supplementierung mit dem Mineralstoff Selen und der vitaminähnlichen Substanz Coenzym Q10 bei gesunden Frauen und Männern im Vergleich zu einer Placebogruppe – und zwar anhand der Länge der Telomere, der Schutzkappen an den Enden der Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden. Bei den Personen in der „Nahrungsmittelergänzungsgruppe“ waren diese Telomere länger, sodass davon auszugehen ist, dass die kombinierte Einnahme einen positiven Einfluss auf das Verfallsdatum der Zellen hat. „Wir Menschen sind einem beschleunigten Alterungsprozess ausgesetzt, wenn erhöhter oxidativer Stress und Entzündung den Prozess beschleunigen, insbesondere bei einem Mangel an Selen und Q10“, erklärt der Forschungsleiter Professor Urban Alehagen, Kardiologe am Universitätskrankenhaus Linköping in Schweden. Studien zeigen, dass wir über 100 Mikrogramm Selen pro Tag benötigen, die durchschnittliche Aufnahme über die Nahrungsaufnahme beträgt aber weniger als die Hälfte. „Wir haben bisher festgestellt, dass die beiden Substanzen eine positive Wirkung auf Fibrose haben, ein Phänomen, das insbesondere im Zusammenhang mit dem kardiovaskulären Alterungsprozess auftritt. Wir haben auch andere Marker untersucht und festgestellt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Selenaufnahme und dem biologischen Alter gibt.“

Schärfer, als die Theorie erlaubt

Einem Wissenschaftlerteam um Nobelpreisträger Stefan Hell am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg ist ein Durchbruch im Bereich der hochauflösenden Mikroskopie gelungen: Erstmals ist es mit dem sogenannten MINFLUX-Mikroskop möglich, mit einer räumlich-zeitlichen Genauigkeit von einem Nanometer pro Millisekunde Proteinbewegungen zu beobachten. Um die Geschehnisse innerhalb einer Zelle zu entschlüsseln, braucht es ein Verständnis der Biochemie einzelner Proteine. Dabei ist die Messung kleinster Lage- und Formänderungen eine der größten Herausforderungen. Für MINFLUX muss nur ein herkömmliches Fluoreszenzmolekül mit einer Größe von circa einem Nanometer an das Protein gebunden werden, sodass die hohe Auflösung erreicht werden kann, ohne dabei die Proteinfunktion großartig zu stören. Im Fokus der im März 2023 in „Science“ veröffentlichten Studie steht Kinesin-1. Mutationen dieses Motorproteins sind die Ursache mehrerer Krankheiten. „Ich bin gespannt, wohin uns MINFLUX noch führen wird. Es fügt der Erforschung der Funktionsweise von Proteinen eine weitere Dimension hinzu“, meint Jessica Matthias, ehemalige Postdoktorandin in Hells Team. „Das kann uns helfen, die molekularen Mechanismen hinter vielen Krankheiten zu verstehen, und letztendlich zur Entwicklung von Therapien beitragen.“

Merk-Würdiges
Quelle: www.herzstiftung.de/frauenherzen; Zugriff: 29.03.2023

Biomarker für Typ-2-Diabetes

In Deutschland sind nach Angaben der Deutschen Diabetes-Hilfe 8,7 Millionen Menschen von einem Diabetes Typ 2 betroffen. Häufig wird die Stoffwechselkrankheit bei Betroffenen erst spät oder zufällig entdeckt. Dann, wenn oftmals bereits ein diabetischer Folgeschaden, wie krankhafte Gefäßveränderungen, vorliegt. Der Grund: Diabetes entwickelt sich schleichend und verursacht in der Regel über einen längeren Zeitraum keine akuten Beschwerden. Ein schwedisches Wissenschaftlerteam von der Universität Lund ist nun einem Biomarker auf die Spur gekommen, der möglicherweise einen Hinweis auf das Risiko, an einem Diabetes Typ 2 zu erkranken, liefert. Basis der Forschungsbemühungen ist eine Untersuchung von Studiendaten der „Malmö Diet and Cancer Study“. „Wir haben herausgefunden, dass höhere Werte des im Blut zirkulierenden Proteins Follistatin Typ-2-Diabetes bis zu 19 Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit vorhersagen, unabhängig von anderen bekannten Risikofaktoren wie Alter, Body-Mass-Index (BMI), Nüchternblutzuckerwerte, Ernährung oder körperliche Aktivität“, berichtet Dr. Yang De Marinis, Professor an der Universität Lund und Hauptautor der Studie, in einer Pressemitteilung der Universität. In der Praxis könnte der Zusammenhang zwischen Follistatin-Spiegel und dem Auftreten von Diabetes dazu dienen, einer Erkrankung frühzeitig gezielt entgegenzuwirken, zum Beispiel mit einer Umstellung der Ernährung oder einer Gewichtsreduktion.

Neugeborene: Risikofaktor für Herzfehler

Angeborene Herzfehler, darunter Herzrhythmusstörungen oder Defekte in der Herzkammerscheidewand, betreffen etwa jedes 100. Neugeborene in Deutschland. Die Ursachen für die Fehlbildungen des Herzes sind zahlreich. Neben genetischen Faktoren beeinflussen insbesondere mütterliche Erkrankungen wie Infektionen oder Diabetes mellitus sowie die Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft die Entwicklung dieses Organs. Doch was hat darauf den größten Einfluss? Das haben finnische Forschende nun im Rahmen einer bevölkerungsweiten Registerstudie, erschienen im Februar 2023 auf „MedRxiv“, herausgefunden. Die Untersuchung von Daten für die Jahre 2006 bis 2016 von insgesamt 620.751 Kindern, von denen 10.254 mit einem Herzfehler zur Welt kamen, brachte zutage: Die Neugeborenen von Frauen mit einem Typ-1-Diabetes haben ein fast vierfach erhöhtes Risiko für einen Herzfehler. Ein Typ-2-Diabetes bei der Mutter verdoppelt immerhin das Risiko.

Schon gewusst?

Nahrungsergänzungsmittel (NEM) – Darauf sollten Sie achten:

• Da NEM keine Medikamente sind, sondern rechtlich als Lebensmittel eingestuft werden, muss die Wirksamkeit des Produkts vom Hersteller nicht nachgewiesen werden.

• Aus diesem Grund sollten Produkte gewählt werden, die eine nachweislich gute wissenschaftliche Dokumentation, Wirksamkeit und Sicherheit gewährleisten.

• Je besser die Bioverfügbarkeit, desto besser kann der Körper die enthaltenen Vitalstoffe verwerten. Dies können unabhängige Studien belegen.

• Im Idealfall sollte der Hersteller dieselben Qualitätsstandards wie bei pharmazeutischen Produkten anlegen und sich freiwillig dem Arzneimittelgesetz (AMG) unterwerfen.

Quelle: Dr. med. E. Schmidt, Facharzt für Allgemein- und Ernährungsmedizin, Ottobrunn, 2019

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