Anzeige

Herzrasen

Elektrische Felder gegen Vorhofflimmern

Von Dr. Regina Linnertz · 2022

Vorhofflimmern – anfallsartiges Herzrasen – ist die häufigste Herzrhythmusstörung, mit der sich Patienten beim Kardiologen vorstellen. In Deutschland leiden geschätzt zwischen 2 bis 4 Millionen Menschen an Vorhofflimmern, was zeigt, dass es sich mittlerweile um eine regelrechte Volkskrankheit handelt. Vorhofflimmern ist eine Erkrankung des Alters, durch den demografischen Wandel wird die Zahl der Vorhofflimmerpatienten folglich in den nächsten Jahren weiter steigen. Prof. Reza Wakili, Universitätsmedizin Essen, ist ein ausgewiesener Experte im Bereich der Rhythmologie und stand uns für ein Interview zu aktuellen Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Prof. Reza Wakili ist Leiter der Rhythmologie an der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Essen. Foto: Boston Scientific

Herr Prof. Wakili, muss Vorhofflimmern immer ärztlich behandelt werden?

Vorhofflimmern ist nicht unmittelbar lebensbedrohlich, kann aber mit Folgeerkrankungen einhergehen. Die wichtigste Komplikation ist der Schlaganfall, was mit sehr schwerwiegenden Konsequenzen verbunden sein kann. Die Behandlung des Vorhofflimmerns ist nicht nur wichtig wegen der Schlaganfallprävention. Aus Studien geht zudem hervor, dass Patienten mit Vorhofflimmern eine eingeschränkte Lebensqualität und Lebenserwartung aufweisen. Entwickeln Patienten aufgrund des Vorhofflimmerns Symptome, sollte eigentlich immer eine ärztliche Beurteilung und dann auch Behandlung stattfinden, um den normalen Herzrhythmus wieder herzustellen.

Welche Möglichkeiten gibt es, um Vorhofflimmern zu behandeln?

Es gibt Medikamente, die den Herzrhythmus stabilisieren können, sogenannte Antiarrhythmika. Eine weitere Option ist die Verödung des betroffenen Herzgewebes. Es ist bekannt, das Vorhofflimmern oft von Triggern aus den Lungenvenen ausgelöst wird. Von den Lungenvenen werden elektrische Impulse ausgesendet, welche das Herz aus dem Takt bringen. Während einer Verödungstherapie werden die Lungenvenen elektrisch isoliert und die elektrischen „Unruhestifter“ ausgeschaltet. In Studien ist belegt, dass die Verödungstherapie mit der höchsten Wahrscheinlichkeit langfristig zum Erfolg führt, das heißt, das Herz schlägt wieder im regulären Rhythmus.

Es gibt verschiedene Verödungstherapien. Welche Therapien wenden Sie in Ihrer Klinik an?

Die elektrische Isolation des betroffenen Herzgewebes kann mit verschiedenen Methoden erfolgen. Die betroffenen Zellen des Herzens werden mehrheitlich mit Hitze (Radiofrequenzablation) oder Kälte verödet. Hierbei entsteht eine Narbenlinie um die Mündungsstelle der Lungenvene, die eine elektrische Isolation des betroffenen Gewebes zur Folge hat. Alle Verfahren, die thermische Energie nutzen, haben – auch wenn sie im Laufe der Jahre immer sicherer wurden – dennoch ein gewisses Restrisiko für Komplikationen. Zudem kann das Vorhofflimmern bei einigen Patienten wieder auftreten. Eine recht neue Methode, um Vorhofflimmern zu behandeln, ist die Pulsed Field Ablation, die auf dem Prinzip der Elektroporation beruht. Diese Methode stört das elektrochemische Gleichgewicht an der Herzmuskelzelle, die Zelle stirbt ab, ohne dass Hitze oder Kälte angewendet werden muss. Mit dem Ablationssystem FARAPULSE können spezifisch Herzmuskelzellen verödet werden, während das umliegende Gewebe geschont wird. Ein Vorteil der Ablationstherapie mittels Elektroporation ist zudem, dass kein direkter Kontakt mit dem Herzgewebe mehr erforderlich ist.

Für welche Patienten ist das Ablationssystem FARAPULSE geeignet?

Die Wahl der Behandlungsmethode sollte immer individuell auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten sein. Einige Patienten haben Angst vor medizinischen Eingriffen und wünschen sich eine medikamentöse Behandlung, andere ziehen eine Operation einer dauerhaften Pilleneinnahme vor. Sollte sich ein Patient für eine Ablationstherapie entscheiden, deuten aktuelle Daten darauf hin, dass die Pulsed Field Ablation die Methode der Wahl sein wird oder vielleicht schon ist. Wenn ich selbst betroffen wäre, würde ich die Pulsed Field Ablation wählen, da die Sicherheit und Effektivität der Methode den thermischen Methoden überlegen ist. Daten aus meiner eigenen Klinik zeigen zudem, dass die Pulsed Field Ablation ungefähr 10 bis 15 Prozent effektiver ist als die thermischen Methoden. Es gab zudem keine Hinweise für mehr Komplikationen. Ich rechne deshalb damit, dass die Pulsed Field Ablation den aktuell etablierten Methoden in der Zukunft überlegen sein wird.

RHYTHMIA wurde konzipiert, um die Behandlung von Herzrhythmusstörungen zu verbessern. Foto: Boston Scientific

Wie schaffen Sie es, die Ursprungsorte von Herzrhythmusstörungen zu finden?

Vorerkrankungen können sowohl Vorhofflimmern aber auch weitere komplizierte Herzrhythmusstörungen zur Folge haben. Bei diesen Patienten müssen die Ursprungsorte der Herzrhythmusstörungen erst einmal vom Behandler detektiert werden. Mit dem ultrahochauflösenden Kartierungssystem RHYTHMIA kann der Arzt jede einzelne Zellregion des Herzens darstellen, sodass anschließend eine Landkarte der Herzinnenwand entsteht. Mit RHYTHMIA können bis zu 50.000 Punkte im dreidimensionalen Raum generiert werden. So kann festgestellt werden, welche Zellregionen des Herzmuskelgewebes Fehler aufweisen. Dank dieser innovativen Präzisionsmedizin muss nur ein kleines Areal des Herzmuskelgewebes verödet werden und das umliegende gesunde Gewebe wird geschont.

Welche technischen Weiterentwicklungen wünschen Sie sich für die Zukunft?

Der Hersteller Boston Scientific arbeitet bereits an der Kombination von FARAPULSE und dem hochauflösenden Kartierungssystem RHYTHMIA.  Die Orte der Herzrhythmusstörung könnten mit der 3D-Kartierung aufgespürt und direkt mithilfe der Pulsed Field Ablation verödet werden. So könnte in Zukunft auch Patienten mit komplexen Herzrhythmusstörungen geholfen werden. Momentan handelt es sich bei FARAPULSE um einen Katheter, der hauptsächlich dafür entwickelt wurde, Lungenvenen zu isolieren. Um noch mehr Patienten helfen zu können, würde ich mich über ein ultrahochauflösendes Kartierungssystem in Kombination mit verschiedenen Katheterformen der Pulsed Field Ablation Technologie freuen.

Kontakt

Boston Scientific Medizintechnik GmbH
Klaus-Bungert-Strasse 8
40468 Düsseldorf
Web: https://www.bostonscientific.com/DE-Deutsch/startseite.html

Array
(
    [micrositeID] => 39
    [micro_portalID] => 26
    [micro_name] => Herzgesundheit
    [micro_image] => 4615
    [micro_user] => 1
    [micro_created] => 1476868288
    [micro_last_edit_user] => 1
    [micro_last_edit_date] => 1567523770
    [micro_cID] => 1296
    [micro_status] => 1
    [micro_cache] => 0
    [deleted] => 0
)